Arztversorgung in Berlin – Mangelware Fachkräfte – Hürden und Chancen

Wer in Berlin umzieht, zuzieht, oder unmittelbar von einer geschlossenen Arztpraxis betroffen ist, steht regelmäßig vor einem Problem: Wo finde ich meinen neuen Hausarzt? Ein bestehendes Ärgernis vieler Bürger als Symptom des deutschlandweit vorliegenden Problems – dem Fachkräftemangel.  Doch wie sieht die Versorgung von Arztpraxen in Berlin wirklich aus?

Statusbericht der kassenärztlichen Vereinigung 2023 – die hausärztliche Versorgung

Folgend dem Bedarfsplan 2023 der kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlins, liegt in Berlin eine im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hohe Arztdichte in allen Arztgruppen, die der Bedarfsplanung unterliegen, vor. Danach überschreitet der Versorgungsgrad Berlins in allen Arztgruppen das bedarfsplanerische Soll von 100 Prozent. Problematisch jedoch ist die nicht gleichmäßige Verteilung der Arztpraxen in den jeweiligen Bezirken. Insb. der Arztgruppen, für die eine wohnortnahe Versorgung gewährleistet werden soll, wie die der Hausärzte. Hier liegt für den Bezirk Treptow-Köpenick eine Versorgungsgraddichte von lediglich 81 Prozent vor.

Bedarfsplan 2023 der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, Seite 6/36.

Bezirkliche Attraktivität steigern

Um eine gleichmäßig gute hausärztliche Versorgung in Berlin zu erzielen, wird auf Landesebene Berlin zukünftig für diese Arztgruppen in unterschiedliche Planungsbereiche eingegliedert. Danach steht Treptow-Köpenick im Planungsbereich III, welche für diese Arztgruppe den höchsten Handlungsbedarf darstellt und folglich als prioritär eingestuft wird. „Die Priorisierung von Treptow-Köpenick bei der Beschaffung von weiteren Hausarztpraxen ist ein wichtiger Schritt. Jedoch sind zeitgleich bezirkliche Maßnahmen notwendig zur Steigerung der Attraktivität von neuniedergelassenen Arztpraxen in unserem Bezirk. Oft sind Standortfaktoren wie die vorhandene Infrastruktur Gründe, welche praktizierende Ärzte in das Stadtzentrum ziehen. Fakt ist, Arztpraxen sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Zwingen können wir niemanden sich in unserem Bezirk niederzulassen. Erschwerend kommt das zukunftsrelevante und sektorenübergreifende Problem des Fachkräftemangels hinzu. Auch auf Bundesebene laufen Prozesse zur Harmonisierung der medizinischen Ausbildungsberufe und zur Förderung der Anerkennung ausländischer Ausbildungsstandards “, hält Lisa Knack (MdA) fest.

Auf mündliche Nachfrage des Bezirksstadtverordneten Matthias Dehmel (stellv. Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion Treptow-Köpenick) teilte das Bezirksamt durch Frau Carolin Weingart (Bezirksstadträtin für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Teilhabe) mit, das Gesundheitsamt stehe im ständigen Dialog mit der KV Berlin. Jede Praxisgründung von niederlassungswilligen Ärzten wird mit Förderungen des Bezirks, des Senats und der KV selbst begleitet. Ebenso teilte Frau Weigert mit, dass über 40 offene Hausarztstellen in Treptow-Köpenick unbesetzt seien. Zeitgleich gingen lediglich zehn Bewerbungen ein. Eine konkrete ordnungsrechtliche Handhabe für die gezielte Niederlassung von freischaffenden Ärzten gibt es nicht.  

Erste Praxis der KV in Treptow-Köpenick - Neues Konzept macht Hoffnung

Um dem steigenden Druck insbesondere in den östlichen Bezirken gerecht zu werden hat die Kassenärztliche Vereinigung ein neues Konzept ins Leben gerufen. Seit Mitte 2022 eröffnet die KV Praxis Berlin GmbH eigene Praxen. In kürze soll es auch eine Praxis in Treptow-Köpenick in der Salvador-Allende-Str. 2, 12559 Berlin geben. Hintergrund ist hier, dass Ärzte hier ganz regulär angestellt werden können und so selbst nicht den Druck haben selbst eine Praxis gründen zu müssen.

Grünauer Bürgerengagement - Unterschriftensammlung in der Apotheke an der Dahme

„In diesem Sommer wurde ich von zahlreichen Bürgern kontaktiert, dass eine Arztpraxis im Ortsteil Grünau zum Herbst schließt, da kein Nachfolger gefunden wurde. Durch die wegfallende Arztpraxis fällt für viele Bürger die wohnortnahe Arztversorgung weg, was insb. für Hochbetagte und Menschen mit eingeschränkter Mobilität ein großes Problem ist. Desto mehr begrüße ich das Bürgerengagement, dass in der Apotheke an der Dahme aktuell Unterschriften gesammelt werden, um einen etwaigen Petitionsantrag anzustoßen. Es ist wichtig Druck auszuüben und auf den vorliegenden akuten Handlungsbedarf unermüdlich hinzuweisen. Wir müssen mit allen Anstrengungen die freien Arztstellen besetzt bekommen. Jede freie Niederlassungsmöglichkeit bietet ein hohes Chancenpotential“ (Lisa Knack, MdA).

Quellen Inhalt:

Bedarfsplan 2023 der kassenärztlichen Vereinigung Berlin: https://www.kvberlin.de/fileadmin/user_upload/bedarfsplanung_zulassung/bz_bedarfsplan.pdf

Bezirksamt Treptow-Köpenick, 27. (ordentliche, öffentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung, Mündliche Anfragen:
https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/to020.asp?TOLFDNR=67975

 

Veröffentlicht im Seniorenmagazin Treptow-Köpenick, Ausgabe September/Oktober 2024.